Brocken-Challenge 2014
Brocken
Wenn der Entsafter nicht entsaftet!
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Das Zielbanner mühevoll in den Schneeresten
befestigt.
Königskrug - Oderbrück -
Brocken!
600 Meter Höhendifferenz auf den letzten verbleibenden 17 Kilometern ist an
sich zu bewältigen, entscheidend ist jedoch der Streckenzustand. Kurz hinter
der Lausebuche lässt sich erst mal gut vorwärts kommen, rund 40 Minuten bin ich
auf den 5,5 km bis Königskrug unterwegs.

Königskrug: Vorbei an den Windbeuteln...

Dort wo die BC-Fahne weht!

Ich greife weiterhin fast ausschließlich zu den Datteln. Doch bis Oderbrück
sind es nur knapp 4 km.

Auf gehts! Normalerweise sind hier Langläufer auf den Spuren unterwegs. Doch
von der weißen Pracht ist kaum mehr was übrig.
Zwischenspurts
Bergauf bedächtig und immer noch
Kräfte sparend, bergab Gas gebend brauche ich keine 30 Minuten bis nach
Oderbrück. Mittlerweile ist die Strecke komplett mit glattem, buckeligem
Altschnee überzogen, der das Fortkommen nicht gerade einfach macht.
Ein älteres Pärchen nutzt die Altschneefelder zum
Langlauf. Sie können kaum fassen, dass wir heute 80 km unter die Füße
nehmen.

Letzter VP Oderbrück erreicht.

Hier versorgt uns die "BergWelt".

Das Ziel naht, also bleibe ich nur kurz.
Thomas gibt an der VP mächtig Gas, geht schnell wieder
auf die Strecke. Zudem machte sich bei unserem Eintreffen gerade Andreas vom
Acker. Ich habe also auf den letzten Kilometern noch Ziele vor mir.
Die macht mir zudem noch ein Wanderer schmackhaft, der
- mich anfeuernd - erklärt, "die zwei drei vor mir sähen im Gegensatz zu mir
nicht so gut aus, da ginge noch was!" Das motiviert. Und ich fühle mich
tatsächlich gut. Jetzt nur nicht das letzte Pulver auf einmal verschießen.

Der Brocken ist schon zum Greifen nah!

Kurz vor der Bahnlinie laufe ich auf meine Vorderleute auf.
Ich erreiche Thomas wieder, setze mich aber an den
ersten Steigungen auch sofort wieder leicht ab. Die fast ebene Strecke auf
den Ringweg nutze ich, um richtig Gas zu geben, habe bald schon wieder
Mitstreiter im Blick. Schritt für Schritt sauge ich mich heran. Eine fiese Rampe,
die ich mit Müh und Not ("aus dem vorletzten Loch pfeifend") im Laufschritt
bewältige, bringt mich in tuchfühlung und auch gleich vorbei. Jetzt Tempo halten.
Kurz vor der Brockenbahn eine erste kurze Gehpassage. Trinken!

Steil und glatt die letzten Meter vor Erreichen der Bahnlinie!

Gelegenheit für einen Blick zurück.

Als ich ihm berichte, dass wir 80 Kilometer laufen, begleitet er mich ein
kurzes Stück. Mit einem Shake-hand ziehe ich weiter.

Der Gipfel. Vom Erreichen der Bahnlinie an sind es noch ziemlich genau 200
Höhenmeter.
Das Stück entlang der Bahnlinie gibt Gelegenheit zum
Kraft tanken für den Schlussanstieg. Die Steigung ist eher moderat und die
Wanderer sparen nicht mit Zuspruch. Trotzdem sehne ich den Linksknick zum
Schlussanstieg herbei.

1000 Meter über N.N. Noch knapp 150 hm.
Die letzten 1200 Meter. Jetzt wird es noch einmal
richtig steil. Zudem werden die Bäume weniger und der Wind immer stärker
spürbar. Jetzt wird die Brocken-Challenge zum Kraftakt und noch mehr eine
Willensangelegenheit.
Zum 2. Mal gehe ich jetzt, wäre wohl auch laufend
nicht schneller. Erst als ich die flache Kuppe hinter dem Bahnhof erreiche,
laufe ich wieder und setze zum Schlussspurt an. Noch 100 m, noch 50 m, noch
10 m... 9... 8 ... 5 ... 3 ... 2 ... 1, GESCHAFFT!

Im Ziel!
Kurz ringe ich um Atem, Tränen schießen mir in die
Augen, die Stimme versagt, doch leider bleibt keine Zeit, den Augenblick zu
genießen. Der Wind bläst hier mächtig und hat mich im Nu durchgekühlt. Ich
trage zwar noch immer meine winddichte Jacke, aber darunter nur wenig
Isolierendes. Ein schnelles Bild vom hinter mir einlaufenden Andreas und ich
verschwinde im Turm.

Die letzten Meter haben es noch einmal in sich.

Im Ziel: War was? (Photo:
Anja Tobien)
Während draußen das Wetter umschlägt, verbringe ich die
nächsten Stunden, essend, trinkend, redend, duschend, lachend, erst
frierend, zuletzt schwitzend im Goethesaal auf dem Brocken.
Warum immer wieder Brocken-Challenge?
Läufe über 80 km gibt es mittlerweile viele, na
gut, eher selten in dieser Jahreszeit.
Auch die Strecke an sich ist nichts außer
gewöhnlich. Viel Asphalt und breite Fahrwege, wie man dieses Jahr gut
beobachten konnte. Zum Glück meistens verschneit.
Und trotzdem ist die Brocken-Challenge beinahe
magisch, so anziehend, dass die organisierende ASFM beim Meldeverfahren
dieses Jahr die Reißleine ziehen musste. 2013 schon nach wenigen Minuten
überbucht... also wurde 2014 gelost.
Was macht die BC aus, darf man sich also
berechtigt fragen!
Für mich ist es nicht nur das Ziel, der
Brocken, der kahl, windig und kalt uns Läufer das Fürchten lehrt und dennoch
lockt. Auch nicht "Der gute Zweck", die 115.000 €, die in nur 10 Jahren
gespendet werden konnten.
Für mich ist es vielmehr der Spirit, der von
den Organisatoren ausgeht, einen jeden von uns Läufern erfasst und der uns
über die Strecke trägt, egal was sich uns entgegen stellt (mehr als 96
Finisher). Das macht die Challenge so besonders... Danke ASFM!
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Die "Harzer Roller" (Harzer Ultra-Running-Team)
Die 12 km (oder 7,5 auf der kurzen Route) vom Ziel zurück nach
Schierke gehören mit zur Brocken-Challenge und sind zu Fuß zurückzulegen.
Dick vermummt treten wir nach Draußen, werden aber trotzdem erst mal von der
Wucht des Windes mitgerissen. Der Sturm peitscht die hart gefrorenen Flocken
waagrecht über den Gipfel und uns ins Gesicht, während sich in der Dunkelheit noch immer Finisher hoch zum Brocken kämpfen. Es ist gemein. Wir sind
- bereits
erholt - auf dem Rückweg, während sich die "wahren Helden" der Challenge erst
jetzt hoch ins Ziel kämpfen. Respekt!!!

Der Schnee peitscht uns um die Ohren!

Die Sicht praktisch gleich Null.

Dick vermummt kämpfen wir uns nach Schierke.

Doch noch immer kommen uns Läufer entgegen.

So hätte die Challenge auch aussehen können
Nach gut 2 Stunden Fußmarsch erreichen wir reichlich
durchgefroren Schierke. Jedem von uns ist bewusst geworden, wie die
Brocken-Challenge auch hätte verlaufen können. Kein Grund also, dieses Jahr
über die fehlende Herausforderung zu lästern oder das Rennen kommendes Jahr
auf die leichte Schulter zu nehmen. Jedes Jahr hier ist anders, doch jedes
Jahr ist auf seine Weise unvergesslich.

Frühlingshaftes Göttingen am nächsten Morgen; wie wenn nichts gewesen
wäre...
Brocken-Challenge, egal oder kalt-hart-schön oder
locker-flockig, es hat wie immer mächtig Spaß gemacht!
Danke, dass ich dabei sein durfte!
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