The Mountainman 2011
"Ich bin Berchmo!"
Vom DNF-Gespenst gejagt
zurück zum Start
Einer der letzten Mountainmänner im Ziel!
Endspurt
Praktischerweise ist noch ein Teil
der letzten 10 km auf der Straße zurückzulegen. Ich will die nächsten 7 km
in einer Stunde hinter mir haben, dann bleibt mir noch ne Stunde für die
letzten steilen 3 Kilometer.
Ich überhole eine Läuferin, rufe
ihr aufmunternde Worte zu. Tatsächlich gibt sie wieder Gas, hängt sich an
mich. Bis zur letzten Verpflegung im Tal kann ich sie mit mir mitziehen.
Die Schatten werden länger; es wird Abend.
Vor mir eine einsame Läuferin. Es gelingt
mir, sie ein Stück mit zu ziehen.
In einer Kurve sitzen 3 Zuschauer
gemütlich in ihren Liegestühlen. Ich zücke meine Kamera, die sich plötzlich
weigert, ein Bild zu schießen. Erst jetzt merke ich, wie verklebt der
Apparat ist. Kein Wunder, dass er sich weigert. Aber heute werden Mensch und
Material heftig beansprucht. Beim nächsten Brunnen landet die Kamera einmal
vollständig im Wasser, das bringt sie wieder auf Vordermann. Meine Olympus ist zwar
ein wenig schwerer, doch zum Glück völlig wasserdicht.
Nur mit Mühe gelingt es mir, ein Photo
dieser Zuschauer aus meiner verklebten Kamera "zu quetschen"!
Naja, so spritzig wie auf dem Plakat wirkt
mein Schatten nun nicht mehr.
In der Ferne leuchtet ein Zelt, die
letzte Verpflegungsstelle im Tal. Danach geht es wieder ab in die Berge.
Jetzt muss ich mich also noch einmal extra gut versorgen, investiere ein
wenig mehr Zeit. Dann biege ich links ab und mache mich an den Aufstieg.
Die Zelte der nächsten Verpflegungsstelle
tauchen auf.
Noch 5 anstrengende und lange Kilometer.
Jetzt fühle ich mich wieder im Gebirge.
Ein breiter Fahrweg
führt den Hang hinauf. Trotzdem ist mit springen jetzt nichts mehr. Ich
bemühe mich um schnelle und lange Schritte. So komme ich gut vorwärts.
Schnell erreiche ich eine kleine Zwischenverpflegung an einer urigen Hütte.
Die Getränke sind quasi in der Werkstatt aufgebaut, zwei urige Typen sorgen
für unser Wohl. Hier könnte ich länger bleiben, denke ich mir, doch ich will
mich nicht aufhalten. Das Ziel ist nahe und zieht mächtig.
Ich gewinne wieder an Höhe.
An dieser urigen Verpflegung werde ich sogar mit den Klängen einer selbst
gebauten Flöte verabschiedet.
Mit Flötenklängen werde ich
verabschiedet. Und dem aufmunternden Hinweis, dass das Ziel nur noch 3 km,
jedoch auch 600 Höhenmeter entfernt liege. Hier hat man Zeit, noch ein Lied
zu spielen, bevor die nächsten Läufer ankommen. Ich schließe derweil auf
einen Trailer auf. Er flucht! Langsam würde es ihm reichen, meint er. Ich
selbst fühle mich jetzt frisch und ziehe von dannen.
Die nicht mehr fernen Felswände motivieren
mich. Ich gebe Gas.
Und schon ist die allerletzte kleine Verpflegung in Sichtweite.
Bei mir läuft es jetzt rund. Und
dann gibt es auch noch Orangenecken an der nächsten Versorgung. Das ist
meins... und beiße hinein. Der Saft ist besser als jedes Getränk. Fröhlich
eile ich den letzten verbleibenden Kilometern entgegen. Ein Läufer vor
mir... es dauert nicht lange und ich "fliege" vorbei.
Dann plötzlich habe ich das erste Mal das Ziel im Visier. Weithin leuchten
die Bauten auf dem Pilatus-Kulm in der Sonne.
Das Ziel taucht auf
Während ich
mir gerade überlege, ob ich mich über meine Probleme zu Hälfte des Rennens
nun ärgern oder jetzt lieber freuen soll, dass es wieder so gut läuft, gibt
das Tal plötzlich den Blick aufs Ziel frei. Jetzt weiß ich, wo ich noch hin muss,
beschleunige ein letztes Mal (alles im Gehschritt allerdings).
Vor mir der Gipfel und eine kleine Gruppe Läufer. Sie werden aber erst lange
nach mir das Ziel erreichen.
Ein eiliges und verwackeltes Bildchen und ich biege in den Schlussanstieg
ein.
Vor mir tut sich allerdings nicht
nur das Ziel, sondern auch noch ein mächtiger Steilhang mit vielen
Serpentinen auf. Ich nutze ein kurzes Gefälle und nehme Anlauf. Hinein in
den Berg. Eine Photographin lacht mich an, ich lache zurück. Selbst das geht jetzt
wieder.
Mächtig steil baut sich der Schlussanstieg vor uns auf. Dieses Ziel will
erkämpft werden.
Jetzt erkenne ich schon das Hotel und die Einfahrt der Zahnradbahn.
Links - rechts - links - und wieder
rechts... schwingen sich die Serpentinen. Das mindert zwar die Steilheit,
verlängert aber den Weg. Kurz vor dem Ziel überhole ich das junge Mädchen,
dass mit mir heute morgen in der Gondel zum Start fuhr. Ich erkenne sie an
ihren Tattoos. Doch ich bin jetzt nicht mehr aufzuhalten, stürme dem letzten
Absatz entgegen. Ich bin oben!
Eine kurze Treppe bringt mich aufs
Plateau. Dort leuchtet mir im Abendlicht eine flache lange Treppe entgegen
und darüber der Zielbogen. Wow, ich genieße jeden Schritt und jede Stufe.
Diesen Triumph habe ich mir heute mühsam erkämpft.
Die letzten Meter ins Ziel!
Wie ein König auf dem Weg zur Krönung!
Ich bin Mountainman... Bergkönig! Darauf
stoße ich zwar nicht mit Champagner an, lasse mir aber ein gut gekühltes Bier
schmecken.
Es dauert eine Weile, bis mir
bewusst wird, was ich heute geschafft wird. Mein kurzer Anruf zuhause klingt wohl noch ziemlich emotionslos. Erst nach ein paar
Minuten stehe ich von meiner Bank auf, um mich umzusehen, einen Blick zurück
auf die Strecke zu wagen.
Erst von Oben erkennt man, wie steil der letzte Kilometer war. Die
Läufergruppe unter mir überholte ich erst am Fuß des Steilhangs.
Diese Aussicht habe ich mir redlich
verdient.
Blick über den Vierwaldstätter See und Luzern.
Ein paar Minuten gönne
ich mir, mich hier umzusehen, bis es mir kalt wird. Dann freue ich mich auf
unbeschreiblichen Luxus. Das Hotel hier Oben hat eine Etage für uns frei
gemacht, um uns kostenlos Duschen anzubieten. Jedem Läufer wird der Reihe
nach sein Einzelzimmer zugeteilt, in dem er sich duschen kann. Freundliche
Helferinnen verteilen die Schlüssel. Ich genieße die Minuten unter der
herrlich warmen Dusche, lasse mir Zeit beim Anziehen und ordentlich machen.
Thomas wollte mir nicht glauben, als ich für die letzten 15 km rund 3
Stunden veranschlagte. Wir haben sie beinahe gebraucht.
Der Pilatus-Kulm
Zielplateau
Im runden, leuchtenden Bau gibt es warme Duschen... Luxus!
Bei der Physio spielen
sich hingegen Dramen ab. Wohl so Mancher stößt hier Schmerzensschreie aus.
Doch das Team um Natalie gibt ihr Bestes, leistet hier Außergewöhnliches.
Danke! Danke! Danke!
Wobei es mir selbst
recht gut geht. Allerdings... um einem kurzen Krampf beim Anziehen meiner
Kompressionssocken komme auch ich nicht herum. Doch Muskelkater in
jeglicher Form bleibt mir erspart.
"Ich hätte wohl wieder
nicht alles gegeben, würde Lauffreund Willi jetzt bestimmt sagen. Stimmt
nicht, Willi, ich habe mich sogar "Übergeben"!
Die Physio gibt wirklich Alles!
Fazit:
Der Mountainman ist
ein absolut anspruchsvoller Trail in herrlicher Umgebung. So macht Trailrunning Spaß. Kritik gab es offensichtlich beim Zeitlimit von gut 14
Std., doch das ist der Sonnenauf- und untergangszeit geschuldet. Bislang
scheute man sich beim Veranstalter, den Lauf in die Nacht zu verlängern. Ob
dies sinnig ist, will ich nicht entscheiden, aber das Team um Florian
scheint gewillt, sich ständig zu verbessern. Deshalb bin ich gespannt, was
der Mountainman 2012 so alles aus dem Hut zaubert.
Bis dahin
Ultra-Habicht und
Reier-Geier Dieter
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