Brocken Challenge 2012
Der Entsafter
Der Sonne entgegen
zurück zum Start
Zwischen den Geleisen
„Ich freue mich im Stillen über
diese Leistung, obwohl ich weiß, wie unsinnig und albern im Grunde ein
solcher Rekord (Anm. von laufkultur: innerhalb eines Kalenderjahres an
beiden Polen) ist. Er war auch nicht Motivation für mich, diese beiden
Expeditionen durchzuführen. Er ist nur das Tüpfelchen auf dem i und
verschönert mir diese Stunden, die ohnehin beispiellos sind."
Arved Fuchs am 30.12.1989
beim Erreichen des Südpols
Hier gehts lang.
Ich bin allein. Holger,
mittlerweile mein letzter Begleiter, hat sich nach Hinten verabschiedet. Und
vor mir ist weit und breit niemand zu sehen. Dabei könnte ich auf dem
zermürbendem folgenden Abschnitt durchaus Begleitung gebrauchen.
Alleine
unterwegs.
Und ich muss selbst auf die Wegmarkierungen
achten (an der Bank).
An dieser Stelle befand sich vor 2 Jahren eine irre führende Markierung.
Kurz vor dem Einstieg in den
Entsafter überhole ich noch einen Läufer, der sich seine Yak Trax"
überzieht. Der Schnee ist zwar ein wenig tief, doch nach meinem Geschmack
auch ohne Schneeketten noch gut zu laufen. Ich verzichte auf die doch auch
störenden Hilfen am Schuh, ziehe von dannen.
Eine scharfe S-Kurve noch und ich
bin drin im Entsafter.
Lange, sanft ansteigende Geraden sind das "Markenzeichen"
des Entsafters.
Man muss die Eintönigkeit annehmen, statt sie zu bekämpfen. Sonst läuft man
Gefahr, sich zu übernehmen.
Ein späterer Vergleich mit den
Daten aus dem Jahr 2010 werden zeigen, dass ich bis hierher rund eine halbe
Stunde schneller war als damals. Doch im Entsafter ist nichts mehr zu
gewinnen. Der Schnee wird zunehmend tiefer, das ansteigende Gelände tut ein
übriges dazu.
Im tiefen Schnee halte ich mich an die
Stapfen meiner Vorläufer.
Und nichts was Ablenkung verschaffen könnte.
Bergfest auf dem Jagdkopf.
Das muss an der üppig bestückten Verpflegung gefeiert werden.
45 Minuten bin ich im Entsafter
unterwegs, mache eine kurze Gehpause, um ausgiebig zu trinken. Schließlich
muss ich der "Entsaftung" entgegen wirken. So komme ich gut über den
gefürchteten Streckenteil.
An der Verpflegung treffe ich auf André, der
mit Roller und zwei Hunden die Brocken-Challenge angeht.
Die Tatzen frostsicher verpackt.
Eigentlich sollten hier nur
Getränke stehen, mit dem Schlitten her gebracht. Eine Sondergenehmigung hat
es möglich gemacht, mit dem Geländewagen hierher zu fahren. So werden wir
mit einer vollständigen Verpflegung überrascht. Es sind diese kleinen
Überraschungen, die Freude machen und motivieren. Man wird bescheiden
unterwegs.
Am Jagdkopf
„Und das Schlimmste von
allem: die Oberfläche ist einfach grauenhaft! Wir haben nur 10 km
zurückgelegt. Wir sind in einer argen Klemme! Wir können die unbedingt
nötigen Märsche nicht mehr ausführen und leiden entsetzlich unter der
Kälte!"
Tagebuch
Robert F. Scott - 2. März 1912
Jetzt läuft es sich wie auf einem Beachvolleyballfeld!
Die kommenden Kilometer sind mir bisher unbekannt. 2010
mussten wir hier den Umweg über den Oderstausee nehmen. Heute ist die
direkte Strecke zur Lausebuche möglich. Doch wie?
Weicher Neuschnee liegt über der festen Altschneedecke.
Das Vorwärtskommen wird zum Kampf. Jeder Schritt will sorgfältig gesetzt
werden. Trotzdem geht es jetzt an die Substanz. Dabei hieß es vor ein paar
Tagen noch:
Aber hier nun das Grandiose:
Rasant schnelle Strecke (wir sind noch nie so schnell gelaufen wie am So),
super Grip, keine vereisten Stellen (also ohne Yaktrax gelaufen - aber immer
dabei! -), eine total "plane" Laufstrecke, auch zwischen den Loipen
erstklassig zu laufen (das geht besser als im Sommer, da nirgends ein
Steinchen unter den Füßen ist - nicht gelogen!! -) blauer Himmel, wenig
Wind, über den Wolken, und man kann Ski-Langläufer berghoch und bergrunter
mit dickem Grinsen super überholen, was will das Läuferherz mehr...(Homepage
der BC) |
Gedanklich stelle ich mich wieder auf eine spätere
Ankunftszeit auf dem Brocken ein. Der Schneefall der vergangenen beiden
Tagen hat die BC zu dem werden lassen, was sie sein soll, eine echte "Challenge"!
Wäre es anders, wäre es ja auch schade, denke ich! Sagen kann ich es nicht.
Denn noch immer habe ich Niemanden bei mir, dem ich es erzählen könnte.
Doch die Aussicht ist grandios. Im Hintergrund der Oderstausee, an dem wir
vor 2 Jahren entlang liefen.
Hatten wir damals einige Kilo- und Höhenmeter mehr, ist es heute das Geläuf,
das zur Herausforderung wird.
Und Wegmarkierungen
finde ich auch nicht immer da, wo ich sie gerne hätte. Ich muss sehr
aufmerksam sein, orientiere mich mehr an den Spuren der Trailschuhe, denn an
den Markierungen.
Eine versteckte Markierung
Ansonsten folge ich den Spuren.
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