Frustabbau beim Karwendel-Berglauf
Laufen, Stolpern, Kämpfen
Ein Bergsprint
zurück zum Start
Gipfelsturm
Die Hälfte!
Der Karwendel-Berglauf
Die Strecke des Karwendel-Berglaufs
besteht aus 3 Teilen, zumindest haben dies meine vorherigen Recherchen
ergeben.
1. Laufen: Zu Beginn läuft man auf
breiten Straßen und Fahrwegen, es bleibt also genügend Zeit, sich für die
späteren Abschnitte richtig zu platzieren. Denn irgendwann geht der Fahrweg
in einen schmalen Trail über. Auch der müsste noch gut zu laufen sein, denke
ich. Allerdings wird da das Überholen dort bereits aufwändiger und Kräfte
zehrender werden.
2. Stolpern: Der 2. Streckenabschnitt beginnt dann an der Moräne, einem
gigantischen Haufen Gesteinsschutt, über den sich der Bergpfad in
Serpentinen höher windet. Dort braucht man dann zum einen gutes Schuhwerk
und zum anderen einen vorsichtigen Tritt, um nicht zu rutschen oder gar zu
stürzen.
3. Kämpfen: Teil 3 der Strecke beginnt mit dem berühmten Tunnel. Jetzt ist
das Ziel nahe. Ab hier heißt es noch einmal die letzten Kräfte mobilisieren,
sich nicht nur örtlich, sondern auch mental in "den Tunnel" zu begeben.
Tempo machen und ab der Bergstation die letzten Höhenmeter überwinden, egal
wie.
Von Bergün zur Keschhütte, das ist
eine Teilstrecke des
Swiss Alpin Marathons, sind es ebenfalls
rund 1400 Höhenmeter auf knapp 14 km Länge. Dort ist die Strecke also ein
wenig länger, dafür leichter zu laufen, somit denke ich, dass meine frühere
Bestzeit von 95 Minuten dort ein guter Maßstab für heute ist. Ich bin
gespannt.
Die ersten Meter durch Mittenwald.
Trotz seiner mittlerweile 70 Lenze, ist sein Schritt immer noch kraftvoll
und dynamisch; der frühere Berglauf Weltmeister Helmut Reitmeir.
Eine hässliche asphaltierte Rampe raubt uns erst mal den schnellen Schritt.
Später fällt das Laufen wieder leichter.
Schnell gewinnen wir an Höhe.
Zeit für einen schnellen Gruß bleibt immer.
Andere gehen da wesentlich konzentrierter ans Werk.
Laufen
Ich gehe mein Rennen besonnen an,
versuche mich erst mal halbwegs gut zu positionieren und dann die ersten
Steigungen locker zu nehmen. Giftig geht es ab dem Ortsende von Mittenwald
bergan, ich glühe auf dem Asphalt. Eine extra steile Rampe zwingt schon die
ersten Läufer vor mir in den Gehschritt, bevor wir den Asphalt verlassen,
die Steigungen aber auch wieder moderater werden. Wobei der Begriff
"moderat" vielleicht fehlgegriffen ist, denn auf knapp 11 Kilometern über
1400 Höhenmeter zu bewältigen, lässt kaum moderate Steigungen über die
gesamte Strecke hinweg zu.
Wir verlassen den Fahrweg. Es geht ab ins
Gelände. Laufspass pur!
Eine flotte Dame unterwegs.
Viele gehen bereits, ich kann meinen lockeren Laufschritt problemlos halten.
Blick zurück.
Ein stetes Überholen und überholt
werden folgt, ich konzentriere mich aber nur auf mein Rennen, versuche mich
überwiegend rechts des Weges im Schatten aufzuhalten und so möglichst
ökonomisch vorwärts zu kommen. Das Filmteam, das mich an einer Wasserstelle
abfängt, übersehe ich fast, genauso den Abzweig, der uns weg vom Fahrweg
hinüber zum Geröllhang bringt. Jetzt den Rhythmus halten, weiter im
Laufschritt bleiben, auch wenn es etwas schwerer fällt. Ich mache viele
Plätze gut, erhole mich regelmäßig kurz, wenn ich auflaufe, um dann beim
kurzen Überholsprint Gas geben zu können. Danach suche ich wieder meinen
Rhythmus, bevor beim nächsten Läufer das Spiel von vorne beginnt.
Immer wieder sauge ich mich an meine Vorderleute heran und
setze dann zum Überholen an.
Mittlerweile haben wir schon mächtig Höhe gewonnen.
Und die Sonne brennt immer noch heiß in die Scharte.
Nur selten schattige Abschnitte.
Stolpern
Eine kurze Erholungsphase bietet der Übergang ins Geröll
des Dammkars. Doch die währt nur kurz, denn das Geröll hier ist lose, steil und
vergönnt nur wenig Abdruck. Fast fühlt man sich, als hätte man den Hügel
einer überdimensionierten Sanduhr zu bezwingen. Jetzt ist es wichtig, jeden einzelnen Schritt
mit Bedacht zu wählen. Überholen ist nur mehr schwer möglich, denn der Weg
ist schmal und ein Ausweichen ins Geröll zwecklos.
Also Geduld; ich reihe
mich ein, nutze jedoch die wenigen Chancen, die sich zum Überholmanöver
anbieten. Halb verdeckt plötzlich ein Schild. Im Vorbeilaufen kann ich nur
halb erkennen, was dort geschrieben steht: "900 Höhenmeter ins Ziel"! Ich
bin mir sicher, mich in der Eile verlesen zu haben. Ich könnte schwören,
schon 900 hm in den Beinen zu haben. Doch das nächste Schild gibt an, dass
mich mein Gefühl getrogen hätte. Noch 800 m hinauf, wir haben also noch
nicht mal die Hälfte der Höhe überwunden. Ich wage nicht, einen Blick auf
meine Uhr zu werfen und Bestätigung zu suchen.
Ab und an finden sich breitere Stellen, an denen ich gut überholen kann.
Kraft kostet es trotzdem.
Ausblick aufs Dammkar.
Mächtig steil wird es im Geröllfeld.
Gelegenheiten zum Überholen sind rar; man bleibt lieber hinten und schont
seine Kräfte.
Noch 700 HM ins Ziel; gefühlt muss ich schon fast oben sein.
Wohltuende Trinkstelle: Ein halber Becher landet im Mund, der Rest über dem
Kopf.
Vorsichtig und bedächtig bewegt man sich im lockeren Geröll.
Kaum Grün, kaum Schatten findet sich im Dammkar.
Läufer für Läufer spurt gesenkten Hauptes bergan.
|