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Die Ritter der Mauerrunde - IX
km 111

in die Nacht
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vereintes Berlin

Die letzten Stunden haben Substanz gekostet. Einige von uns mussten aussteigen, entkräftet, geschafft, am Ende ihrer Willenskraft. Viele von uns sind weiter gelaufen als sie es vorher jemals taten. Das ungewohnte Tempo tat sein übriges dazu. Und bei Ultraläufen sind Ausfälle nichts Ungewöhnliches. Und keiner der Ausgestiegenen hatte wirklich ernsthafte körperliche Probleme.


Die Sonne geht auf, wir sind nun fast 24 Stunden unterwegs.

Fast euphorisch erreichen Hannes und ich die Verpflegungsstelle bei km 111. So zügig wie diese sind wir bislang keinen Abschnitt gelaufen. Das gibt Mut für die kommenden Kilometer. Albin, der wieselflink unterwegs war, habe ich nicht mal gesehen. Er steht schon bei den Getränken. Und auch Benjamin ist schon wieder startklar.


Nichts ist mit Waldblick, noch immer ist es dunkel.

Unsere erste "schnelle" Etappe bringt Hannes ins Schwitzen.

Doch unseren Humor verlieren wir nicht!

Auch wenn uns die Gedenkstätten an Grenzopfer noch immer nachdenklich stimmen.

Umso heftiger trifft mich dann Geros Ankündigung. Es wurde beschlossen, den Mauerlauf um 27 km zu verkürzen, um den Zeitplan einzuhalten. Wir sollen alle mit PKWs zu km 138 gebracht werden, um da wieder in den Mauerweg einzusteigen. Ich bin wie vor den Kopf gestoßen. Klar, wir liegen im Zeitplan zurück. Auch schummeln wir bei öffentlichen Veranstaltungen ab und an ein wenig, verkürzen die Distanz, um dem Veranstalter gerecht zu werden. Doch heute sind wir der Veranstalter, die Läufer der DS-Staffel. Wer sollte uns in einen Rahmen zwängen?

Weshalb ich dabei bin XII - Teil II

Es gibt noch einen Grund, weshalb ich dabei bin. Ich bin Jahrgang 67. Als ich geboren wurde, stand die Mauer bereits einige Jahre. Als ich lernte, dass diese Mauer existiert, stand sie im Zeitverständnis meiner Kindheit bereits eine Ewigkeit. Weshalb sollte sie jemals fallen?

Ich erlebte 1972 die Olympischen Spiele, 1974 schon bewusst die Fußball-WM mit dem berühmten Spiel der beiden deutschen Mannschaften gegeneinander mit dem Sieg der DDR. Für mich war die DDR ein Gegner wie jeder andere.

Später wurde ich dann ständig mit meinem Namen konfrontiert. "Wie der aus dem Osten?" wurde ich gefragt, wenn mein Gegenüber meinen Namen richtig schreiben wollte. In nahezu allen Bewerbungsgesprächen um einen Ausbildungsplatz durfte ich über die Geschichte meines Namens berichten. Ich erzählte! Emotionen entwickelte ich nicht.

An das Jahr 1989 und den 9.11.1989 kann ich mich noch gut erinnern. An meine Arbeit in den Auffanglagern der im Sommer Geflüchteten, an den Mauerfall, den ich im Seminar erlebte. Ich lag bereits im Bett. wir standen Alle wieder auf, feierten spontan. Die Freude über den Mauerfall ist bis heute geblieben.

Es hat allerdings lange gedauert, bis ich verstand, dass Dinge, die nicht nur in der Realität, sondern auch in meinem Kopf fest zementiert waren, plötzlich weg waren. Vieles lässt sich verändern, es braucht nur ein Ziel und des festen Glauben daran.

Marathonis haben Ziele. Mit Benjamin habe ich mich über seinen 1. Marathon unterhalten. Ich denke, er wird es schaffen. Wenn er es angeht, ich bin dabei... wie beim Mauerlauf!

Dieter


Als Anita kommt, verkündet Gero zum 2. Mal die Entscheidung. Doch Anita ist nicht bereit aufzugeben. Sie will und wird weiter laufen, fragt mich und Robert, ob wir beide sie begleiten würden. Ein Kopfnicken nur, ich drehe mich um, meinen Rucksack mit Verpflegung aufzufüllen. Wir werden sie brauchen.


Sonnenaufgang auf dem Mauerweg

Es wird verkündet, dass Jedem, der weiter läuft, die Laufkarten abgenommen würden. Ich bin in Kampfeslaune. Niemand wird mir meine Karte abnehmen, das steht fest. Wir drei machen uns auf den Weg. Spontan springen Läufer von den Bänken auf, schließen sich uns an. Unsere Schar zählt 10 Personen. Ohne viel Verpflegung, ohne Roadbook, dafür mit umso mehr Entschlossenheit machen wir uns auf den Weg.


Richtung Neukölln- Richtung Potsdamer Platz - Richtung Ziel

Nach wenigen hundert Metern bleibt Anita stehen. Ihr Platz sei an der Seite der Marathonis meint sie und sie hat Recht. Somit bleiben 9 Läufer übrig, den Mauerweg zu bezwingen.


Nur durch kleine Hinweise ist noch festzustellen, wo wir uns befinden.

Zunächst müssen wir uns daran gewöhnen, uns auch um die Orientierung zu kümmern. Das Tempo in unserer Gruppe ist jetzt höher und es verläuft sich leichter. Dabei diskutieren wir unablässig die augenblickliche Situation.

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War es richtig, was wir getan haben? Ernsthafte Zweifel daran haben wir nicht. Wir sind ein "erlesener" Haufen. Jeder von uns hat Läufe genug auf dem "Kerbholz". Keiner von uns braucht "diesen Triumph" in seiner Vita. Wir sind uns einig.


Unser Lauf hat sich verändert. Aus einer großen Gruppe ist eine kleine und verschworene Gemeinschaft geworden.

Zunächst kommen wir zügig voran. Als wir nach einer Stunde gerade eine Pause einlegen wollen, entdecken wir plötzlich eines unserer Versorgungsfahrzeuge. Die Jungs hatten extra für uns eine Schleife eingelegt, um uns noch einmal zu verpflegen, erklären aber gleich, sie könnten wohl später nicht mehr bei uns vorbei sehen. Wir füllen unsere Flaschen, ziehen weiter.


Es hat wieder zu regnen begonnen. Trotzdem kämpfen wir uns Kilometer für Kilometer vorwärts.

Regen ergießt sich über uns, richtig heftiger Regen. Doch mit jedem Schritt, den wir uns vorwärts bewegen, wächst die Gemeinschaft. Es ist klar, wir halten zusammen. Gemeinsam kommen wir ans Ziel, egal wann das sein wird. Denn wir haben ja einen ganzen Marathon vor uns und bereits knappe drei hinter uns.

Wir sind zu neunt: Thomas, Johannes, Robert, Klaus, Armin, Olaf, dazu kommen unsere beiden Damen Silke und Heike und natürlich ich. Und zum Glück ist immer wenigstens einer von uns kraftvoll und bringt uns voran.


Olaf, ist lange Touren gewöhnt. Seine Erfahrung und sein Humor helfen.

Als es gerade besonders heftig regnet, wartet das schlimmste Stück der Strecke auf uns. Eingeklemmt zwischen Teltowkanal und den Lärmschutzwällen der A 113 geht es kilometerlang monoton dahin.


Der Wall ist bereits ein Vorzeichen auf das, was jetzt auf uns zukommt.

Über eine große Brückenkonstruktion biegen wir nach Norden ab. Von nun an ist die A113 unser Begleiter.

Ich erinnere mich. Bei meiner nächtlichen Besichtigung kam ich aus der anderen Richtung an dieses Teilstück heran und dachte mir damals schon, dieser Weg wäre an Monotonie kaum zu überbieten. Mit der heutigen Erschöpfung zieht sich die Etappe wie Kaugummi.


Sie sind ultralange Strecke gewohnt: Silke, Klaus und Heike

Noch schauspielert Olaf.

Es regnet! Einzigen Schutz bieten trostlose Brücken. Wir nehmen das "Dach über dem Kopf" dankbar an. Jeder von uns hat Erholung nötig. Um das festzustellen genügt ein Blick in die Gesichter.


Silke

Robert

Hannes
 

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