|  

 

 

 
Der UTMB 2010
Mein heimlicher Sieg... und trotzdem bin ich nur enttäuscht!

Der Start
zurück zum Start
Aus der Perspektive von Ute Embe


Die Reise ist zu Ende!

Freitag, 27.08.2010 - 21:30 Uhr - St. Gervais


Die Berge stehen an. Bald ist Stockeinsatz gefordert.

Der Anstieg hoch nach La Charme beginnt. Wie unterschiedlich können Eindrücke sein. Konnte ich vor zwei Jahren hier noch die leuchtend roten Hänge des Mont-Blanc-Massivs im Abendrot genießen, blicke ich jetzt zurück auf ein Wolken verhangenes Tal.


2008 und 2010

Der Regen lässt nach, so dass ich mich entscheide, meine Jacke wieder auszuziehen, mit dem Erfolg, dass ich sie nur wenige Minuten später erneut überstreife... ärgerlich. Allerdings kann ich in der Zeit erleben, was der Regen angerichtet hat. Der grasige Anstieg hoch auf der Skipiste ist glatt wie Schmierseife. Vor allem die Läufer ohne Stöcke rutschen hier gnadenlos aus. Was mag sich in einigen Minuten hier am Ende des Feldes abspielen?


Der Regen tut der guten Stimmung am Streckenrand keinen Abbruch.

Doch die Aussicht stimmt nachdenklich.

Noch vor der Dunkelheit bin ich am ersten Kontrollpunkt, gefühlsmäßig etwas früher als vor 2 Jahren. Und das trotz der schwierigeren Bedingungen. Das beruhigt mich. Entschlossen steige ich vorwärts, überquere die Passhöhe und stürze mich in die Tiefe Richtung St. Gervais. Den Weg hinab habe ich als nicht leicht in Erinnerung. An manchen Stellen ging es ziemlich steil bergab. Bei der Nässe und Glätte heute ist da Vorsicht geboten. doch ich finde überall gut Halt, kann mehrfach überholen und laufe frohgemut in den Ort.


Am ersten Kontrollpunkt

Meine Kleidung ist mittlerweile fast trocken, die Beine locker, alles ist perfekt und ich freue mich auf den Weg nach Les Contamines. Ab hier will ich es etwas langsamer angehen lassen, Kräfte sparen. Im Ort herrscht die heiß ersehnte Stimmung. Von allen Seiten höre ich das gut in Erinnerung gebliebene "Courage"... ich bin endgültig im UTMB angekommen.

Tine:
Wie erahnt, kommt nach dem Startschuss der erste große Regen. Oh je, denke ich, bin aber nach der kurz danach eintreffenden sms von Dieter und dem Veranstalter wieder einigermaßen beruhigt und kann den Abend mit den Mädels genießen.

3 Stunden nach dem Start klingelt mein Handy erneut und Dieter berichtet vom Abbruch des Rennens.

Ich bin kurz sprachlos, kann die Situation selbst nicht wahr haben, da die ganzen Tage so sehr vom Lauf geprägt waren.

In St. Gervais freue ich mich auf leckere Verpflegung, möchte zum späten Abend hin einiges zu mir nehmen. Ein Blick auf die Uhr, ich bin nun knapp 3 Stunden unterwegs.


St. Gervais

Eine letzte Kurve und ich bin an der Verpflegungsstelle. Voll ist es hier, Menschen und Läufer stehen durcheinander. Ein Franzose erklärt mir in gebrochenem Englisch, dass hier Schluss sei. mit einem Mal stehe wie vom Blitz getroffen da. Hier soll alles zu Ende sein, jetzt, wo es gerade angefangen hat. Das kann nicht sein! wie durch Watte nehme ich die Informationen auf... Strecke unpassierbar... Erdrutsch am Col de la Seigne.


Statt der Stöcke liegen jetzt nur noch die Handies in den Händen.

Mein Gefühlsleben in dem Augenblick ist unbeschreiblich, ambivalent. Zum Einen bin ich nicht mal überrascht und doch kann ich es nicht glauben. Plötzlich ist da nichts mehr, keine Enttäuschung, keine Freude, keine Gefühlsregung.


Ratlosigkeit macht sich breit.

Jeder ist auf der Suche nach Informationen... offiziellen oder inoffiziellen.
 

Fast in Trance greife ich zum Telefon, rufe im Zelt an und gebe Bescheid, dass das Rennen abgebrochen ist. Niemand braucht sich mehr Sorgen machen, das ist gut! Ich verspreche die Lage zu "checken" und mich wieder zu melden. Ich irre umher, suche bekannte Gesichter, höre Informationen.


Die Situation mit Humor zu nehmen, fällt schwer.

Ich treffe Karl und Martin. Auch ihnen steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Sie sprechen davon, dass es ggf. eine Fortsetzung des Rennens morgen ab Courmayeur geben soll. Für mich ist das aber keine Option. Morgen früh das Rennen wieder aufzunehmen... unvorstellbar.


Wir finden Schutz in einer kleinen Halle.

Manch Einer wirkt bereits gezeichnet von den ersten Kilometern.

Ein Bus fährt vor... hält... fährt ein Stück weiter... hält erneut... fährt wieder weiter! Wie sollen knapp 2500 Läufer auf die Schnelle von hier wegkommen? Da ist Eigeninitiative gefragt und prompt lädt mich ein Franzose in sein Auto ein. Für sie ist es selbstverständlich, die Kiste voll zu machen, bevor sie St. Gervais verlassen. Dankbar steige ich ein, sitze weiterhin fast wortlos im Fond und sinniere. "Das Leben ist kurz, also werde ich kommendes Jahr wieder kommen und es versuchen", erklärt mir mein Sitznachbar.  Zu solcher Fatalität bzw. solchen Gedanken bin ich derzeit nicht fähig.


Ein Bus fährt vor, doch seine Tür bleibt verschlossen.

Wieder in Chamonix angekommen, mache ich mich auf den Weg zurück zum Zeltplatz. Mehr oder minder zufällig komme ich am Place du Triangle de l'Amité vorbei, wo im Augenblick die ersten Läufer des CCC erwartet werden und Francois Faivre als Vierter Finisher einläuft. Wenigstens das will ich mir nicht entgehen lassen. Also schmuggle ich mich in den Zielbereich, um ein Photo des strahlenden und jubelnden Finishers einzufangen.


Die ersten Finisher des CCC laufen in Chamonix ins Ziel.

Ich schmuggle mich in den Zielbereich.

Während die strahlenden Finisher interviewt werden, müssen auch die später folgenden Läufer den schlechter werdenden Bedingungen Tribut zollen und werden gestoppt.

Ich werde beim Anblick der Finisher nur traurig und schleiche mich lieber von dannen.

In dem Augenblick wird eine folgenschwere sms generiert: "Nr. 4337 (Dieter ULBRICHT) ist nach Chamonix angekommen (km 166) in Position 1. Ich habe also den UTMB gewonnen, doch das erfahre ich erst eine Stunde später im Zelt. Dort werde ich - angesichts des wieder heftigen Regens tropfnass gespannt erwartet. Alle sind froh, dass ich zurück bin. Mich auf diesen ungewissen Trail zu schicken, war allen eher ungeheuer.

Tine:
In der folgenden Nacht höre ich das permanente heftige Regnen auf unserem Zeltdach und bin total froh, dass Dieter heile neben mir liegt.

Bei den Wetterbedingungen wissen zu müssen, dass sein Partner mit den damit verbunden Gefahren in den Bergen herumläuft... ich könnte vor Sorge kein Auge zutun.


Um 22:29 Uhr werde ich als Erster in Chamonix gemeldet.
Erst eine viertel Stunde später geht die Info ins Land, ich hätte das Rennen beendet.

Samstag 27.08.2010 - 6:30 Uhr - Zeltplatz Les 2 Glaciers - 12 Std. nach dem Start und 9 Std. nach dem Abbruch

Noch immer erreichen mich aus der Heimat Motivations-sms. Die Nachricht, dass der UTMB gestoppt wurde, ist noch immer nicht auf der Homepage nachzulesen. So wähnen mich Freunde noch immer auf der Strecke. Es dauert, bis sich die Information verbreitet. Auch ich selbst kann es noch nicht realisieren. Es ist, als ob irgend etwas fehlt. Der Lauf ist unvollendet, nicht, weil mich die Kräfte verließen, sondern aus nicht von mir zu beeinflussenden Gründen. Diese Ohnmacht zu verarbeiten fällt mir schwer, noch heute, wenn ich diese Zeilen schreibe.

Tine:
Natürlich ist es nicht schön, am nächsten Tag die vielen traurigen sowie enttäuschten Gesichter zu sehen, ich finde es trotzdem eine schöne Erfahrung bzw. interessantes Erlebnis.

Ich bin dankbar, dass ich dabei sein kann und hoffe, meinem auch bei der vorhandenen Gefühlssituation, die teils aus Unerfülltheit, Traurigkeit, aber auch aus Verständnis besteht, etwas zur Seite stehen zu können und auch die nächsten Tage kann.

Wie muss es da Trailern gehen, die über zwei Jahre gezielt die nötigen Punkte gesammelt und dann das Monate lange Training auf sich genommen haben? Ich konnte in dem Bewusstsein starten, den UTMB bereits gemeistert zu haben. Vielen anderen Startern geht es anders. Ihnen bleibt eine Rechnung offen. In wie weit sie diese Rechnung im kommenden Jahr begleichen können, wird sich erst heraus stellen. Denn eine Entscheidung, was im kommenden Jahr passieren soll, steht derzeit noch aus.

Catherine Poletti:

Guten Tag Ihnen allen,

Die Veranstaltung 2010 des Ultra-Trail du Mont-Blanc® wird gewiss allen in Erinnerung bleiben.

Wir hatten besonders schwierige meteorologische Bedingungen zu ertragen, die uns schließlich dazu gezwungen haben, unumgängliche Entscheidungen zu treffen, um das Schlimmste zu verhindern.
Enttäuschung, Frustration und viele Fragen sind die logischen Folgen dieses so lange erwarteten und so gestörten Wochenendes. Deshalb möchten wir Ihnen zuerst sagen, dass die Organisation dieser Läufe in erster Linie auf die Begeisterung zurückgeht, die das Veranstaltungskomitee, die vielen freiwilligen Helfer und die betroffenen Gemeinden dafür aufbringen. Wir alle sind enttäuscht und betrübt, dass die schlechten Wetterverhältnisse Monate der Vorbereitung und Vorfreude zunichte gemacht haben. Andererseits sind wir froh, dass kein schwerer Unfall passiert ist.

Alle in dieser schwierigen Nacht in Eile getroffenen Entscheidungen wurden in Hinblick auf die Sicherheit der Läufer und der freiwilligen Helfer getroffen, aber auch in der Absicht, möglichst vielen Läufern doch einen Lauf zu ermöglichen.

In einer solchen Krisensituation, mitten in der Nacht und bei sich ständig ändernden Informationen, ist echte Kommunikation sehr schwierig zu verwirklichen. Wir sind uns dessen bewusst, dass viele Läufer und Helfer schlecht informiert wurden. Deshalb bitten wir um Entschuldigung.

Von vielen Seiten erhalten wir Zeichen der Unterstützung und Aufmunterung. Wir wissen aber auch von den vielfältigen Erwartungen.

Sicher verstehen Sie, dass es uns nicht möglich ist, jetzt, unmittelbar nach dem Ereignis, alle Fragen vollständig zu beantworten. Der Durchzug der starken Schlechtwetterfront im « ungünstigsten Moment » soll aber auch daran erinnern, dass eine Veranstaltung im Gebirge nie garantiert werden kann. Mit der Anmeldung geht man auch das Risiko ein, dass die Veranstaltung nicht stattfinden kann.

Trotzdem können wir Ihnen schon heute ankündigen, dass die Läufer des CCC® , die in Vallorcine oder in Trient angehalten wurden, Qualifikationspunkte zugeteilt bekommen : 3 Punkte für den Lauf bis Vallorcine, 2 für den bis Trient. Die Finishers des UTMB®, die in Courmayeur nochmals gestartet sind, erhalten 3 Punkte.

Da alle Mittel eingesetzt worden waren, um den guten Ablauf der Bewerbe zu garantieren, kann die Frage der Rückvergütung der Gebühren erst beantwortet werden, wenn wir über alle nötigen Einzelheiten verfügen. Auch die Anfragen zu den « Anmeldungen 2011 » werden zu einem späteren Zeitpunkt, aber so rasch wie möglich beantwortet werden.

Für das Direktionskomitee des Ultra-Trail du Mont-Blanc
Catherine Poletti, Wettkampfleiterin

Eine weitere Fortsetzung wird wohl noch folgen...

Der Start

zurück zum Start

        Aus der Perspektive von Ute Embe




 
 

 

 

 

 

 

 

 


 

Partner von laufkultur.de


laufkultur.de unterstützt den



Suchst Du den Spezialisten für Marathon-/Laufreisen,
Firmenlauftrainings/SightRunning? Dann bist Du richtig bei
 

Trailarchiv K78
Grand Raid du Mercantour Berglauf- und Trailausrüstung Tour de Tirol Ultra-Trail du Mont-Blanc Berglaufarchiv
uvam.