"Der Stolz, eine edle Leidenschaft, ist nicht
blind gegen eigene Fehler. Aber der Hochmut ist es."
Georg Christoph Lichtenfeld
Am Sonntag vor der Siegerehrung
Eine wohltuende Dusche, eine
unruhige Nacht und ein leckeres französisches Frühstück später sitze ich
wieder am Markt und warte auf die um 11 Uhr angesetzte Siegerehrung. Adrian
aus der Schweiz und Bill gesellen sich hinzu.
Adrian (Schweiz) und Bill (Deutschland) beim
Gespräch über das gestrige Rennen
Wir unterhalten uns über das
gestrige Rennen. Adrian wurde in 12 Stunden Vierter, ich landete im
Mittelfeld, Bill war vom Rennabbruch in Madone betroffen. Wir alle haben das
gleiche Rennen bestritten und doch ganz unterschiedliche Eindrücke mit nach
Hause gebracht. Adrian berichtet von stürmischen Bergabläufen, den führenden
Franzosen hinterher. Bill berichtet von seinem Regenlauf durch die Nacht,
von der Enttäuschung, aber auch dem Verständnis über den Rennabbruch.
Nachdem sich die Ehrung ein wenig
verzögert, treffen wir deutschsprachigen Teilnehmer uns zu einem gemeinsamen
Photo. Zu uns Dreien gesellen sich da noch die vier Österreicher Adolf,
Margit, Gabriele und Franz. Damit sind wir wohl fast komplett. Ich stelle
fest, ich bin nach Gerhard der zweite und mit ihm wohl der Einzige Deutsche,
der den Grand Raid bislang gefinished hat.* Schön wäre es, wenn ich für die
Zukunft nicht der Letzte wäre.
*Lauffreund
Mattin wies mich darauf hin, dass Peter Schulze aus Coburg,
mittlerweile in der Schweiz wohnend, ebenfalls beim Grand Raid
war. Somit sind alle guten Dinge Drei! |
Die Siegerpreise
Schade, mein Flieger wartet nicht.
Deshalb muss ich mich auf den Weg machen und verpasse die Ehrung. Aber ich
komme wieder... 2011, dann hoffentlich über die volle Distanz.
Nachtrag:
Mein Flieger wartete nicht... und
so traf mich die Information über das, was geschehen ist, erst als Reaktion
auf meinen bereits online gestellten Bericht.
Was ist
passiert?
Den mir
mittlerweile vorliegenden Informationen zufolge, sind 3 Läufer
(eine Frau und zwei Männer) am letzten Gipfel vor dem Abstieg
nach St. Martin verunglückt, vermutlich am Grashang abgerutscht,
gestürzt, zuletzt an Unterkühlung gestorben. Zu dem Zeitpunkt
war das Rennen bereits abgebrochen, Niemand verlies mehr die
letzte Verpflegungs- und Kontrollstelle Madone de Fenestre. Die
Drei Verunglückten waren jedoch bereits unterwegs, gerieten wohl
auf dem Berg in das Gewitter, das die Organisatoren zum Abbruch
veranlasste.
Die
Verunglückten wurden am Sonntag bei einer Suchaktion vom
Hubschrauber aus entdeckt. |
Was kann ich zu den Ereignissen
sagen?
Ich selbst verlies Madone de
Fenestre noch vor 20 Uhr, erreichte die vermutliche Unglücksstelle gegen
Viertel nach 9 Uhr. Zu dem Zeitpunkt war es gerade mal dämmrig. Ich fühlte
mich zu keiner Sekunde (wie während des gesamten Rennens) gefährdet. Und ich
glaube mich zu erinnern, dass nur wenig unterhalb des Gipfels ein
Kontrollposten (mit Zelt) stand, bin mir aber nicht mehr sicher, ob es
tatsächlich am "Piagu" gewesen ist. Noch über eine Stunde später erreichten
und verließen Läufer Madone, die Letzten liefen dann gegen 4:30 morgens ins
Ziel.
Ich kann nur ahnen bzw. mutmaßen,
was in den frühen Morgenstunden des 21. Juni 2009 dann um den Gipfel des
Cime de Piagu geschah.
Konsequenzen
Im Augenblick bin ich nicht in der
Lage, mir Gedanken darüber zu machen, welche Tragweite das Geschehene hat,
auch nicht, welche persönlichen Konsequenzen ich daraus ziehe. Fakt ist,
dass Trail-Running ein wunderbarer Sport ist. Anders als beim Berglauf ist
sich wohl jeder Teilnehmer seines Tuns bewusst. Es gehört eine andere
Ausrüstung zum Standard, angefangen von profilierten Schuhen, bis hin zu
einer verpflichtenden Sicherheitsausrüstung und zusätzlicher Kleidung im
Rucksack. Stöcke zu benutzen ist üblich. Ein wenig überraschend ist, dass
scheinbar keiner der Verunglückten einen Notruf mittels Handy
absetzte/absetzen konnte.
Mitgefühl
Ich
bin traurig, trauere um die drei Sportkameraden, bedauere zutiefst, meinen
Bericht in Unkenntnis der Vorfälle online gestellt zu haben.
Freud und Leid... es liegt so nah beieinander!
Mein Mitgefühl gehört den Angehörigen, den Verwandten und den Freunden.
Weiter führende Links:
Die
Homepage des
Veranstalters
Informationen über den
Nationalpark Mercantour
Gerhard Börners Bericht aus 2007 beim
Steppenhahn
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