Marathon neu entdeckt
Wie es dazu kam...
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zurück zum Start
Wieviele Kurven hat ein Marathon?
Nur unser Band, das uns verbindet und ein
kleiner Button lassen erkennen, dass Anton blind ist.
Zeil am Main
- Waldmarathon
Wenige Kilometer nach dem Start fällt mir ein Laufpärchen auf, Peter und
Anton. Peter erzählt und erzählt. Was er sieht, was links und rechts der
Strecke ist, was vor und hinter ihm geschieht. Anton daneben ist eher still,
lauscht und zieht konzentriert seines Weges. Und das schnell. Das war das
erste Mal, dass mir Anton bewusst aufgefallen ist im Feld der Läufer.
Anton mit Guide Peter
Thüringen Ultra
Ein gutes halbes Jahr später lerne
ich Anton dann persönlich kennen, beim
Thüringen Ultra. Er läuft mit seinem Guide
Roland bei den Meisterschaften des D.U.V. mit, ich den Hunderter. Doch wir
haben am Abend vorher Gelegenheit, uns kennen zu lernen. Und da Anton gerne
geländegängige Landschaftsläufe mag, ziemlich schnell ist und auch gerne
mehr als 42 km zurücklegt, vereinbaren wir uns lose, irgendwann einmal
gemeinsam zu laufen.
Erinnerungen an den Thüringen Ultra
Da ich meine Berichte immer mit
schönen bunten Bildern garniere, möchte ich jetzt die Gelegenheit nutzen, um
zu erfahren, wie jemand einen Marathon wahr nimmt, der nicht sehen kann und
"keine Bilder" vor Augen hat.
Rendezvous mit
Hindernissen
Im Januar, also wieder ein halbes
Jahr später war es dann. Erst ein Mailkontakt, dann ein Telefonat und wir
hatten unsere Vereinbarung, dass ich Anton beim Obermain-Marathon begleiten
darf. Dummerweise legte ich mich genau an dem Tag mit meinem Fahrrad aufs
Eis und zog mir meine
ACG-Sprengung (siehe eigenen
Artikel) zu. 6 Wochen Auszeit machten die
Vorbereitung auf den anspruchsvollen Marathon für mich zu einem Wettrennen
mit der Zeit, während sich Anton schon im März topfit beim
Marathon zum
Welt-Down-Syndrom-Tag zeigte.
Anton spult in Fürth mehr als 60 km ab und
mir zeigt meine Schulter die ebensolche Kalte.
Doch letztendlich hat alles
geklappt. Ich bin rechtzeitig fit geworden und traue mir zu, die angepeilten
sub 4:00 Std. zu bewältigen. Und so sitzen wir beide früh am Morgen im Auto,
ich aufgeregt wie ein junges Huhn, Anton neben mir gelassen, fast stoisch.
Ich habe Fragen, viele Fragen und er die Geduld, alle zu beantworten.
Am Ortsrand von Staffelstein fällt der
Startschuss. Nach dem Start des Walk und dem Halbmarathon sind auch wir an
der Reihe.
"Zug- Bremsläufer" auf diesem profilierten Kurs sollten sich nur wirklich
erfahrene Läufer zutrauen.
Das Wichtigste ist für
mich die Frage, welche Hilfen Anton von mir braucht. Richtungsänderungen,
Steigungen, Hindernisse und Unebenheiten... was und wie muss ich ansagen?
Aber auch Kleinigkeiten wie die Organisation der Verpflegung und die
Laufseite - rechts oder links von mir - wollen besprochen werden. So vergeht
die Fahrzeit wie im Fluge und kurz nach 8 Uhr stehen wir bereits an der
Startlinie, wo ich mich mit meinem Vater, der die Startunterlagen für uns
organisiert hat, verabredet habe.
Olaf lief am Vortag bereits den Kyffhäuser
Bergmarathon.
Startaufstellung
Wichtig auch unsere
Startaufstellung. Wir platzieren uns bewusst ein wenig weiter vorne im
Starterfeld. Denn die Anderen tun sich leichter beim Überholen. Laufen wir
auf langsame Starter auf, riskieren wir hingegen, dass Anton ihnen in die
Fersen tritt. So stellen wir uns sogar noch ein ganzes Stück vor den
4-Std.-Zugläufer, obwohl unser Plan für heute so knapp unter 4 Std. liegt.
Die Startaufstellung ist für uns wichtig, um
Gedränge aus dem Weg zu gehen.
Unproblematisch ist der Start, auch
die erste enge 90-Grad-Kurve nehmen wir gut. Dann tut sich schon eine Lücke
vor uns auf und meine Anspannung sinkt, die ersten Meter wären geschafft.
Wir können das enge Band, das uns verbindet auslassen.
Rechts als Guide und
links als Photograph!
Das kann nur schief gehen. Auf eine Aufgabe muss ich mich heute
konzentrieren und das ist das Führen. Die Kamera läuft nur nebenbei mit und
ich schieße die Bilder "mit links". Doch dafür ist die Kamera nicht
geeignet, denn der Auslöser ist rechts und meine Hand verdeckt das Display.
Deshalb gibt es heute wenige, oft etwas schiefe Bilder. |
In den nun folgenden 42 km lerne
ich...
doch vielmehr verliere ich das
Gefühl, einen blinden Läufer an meiner Seite zu haben.
Heute neigen sich die meisten meiner Bilder
ein wenig.
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