Bei meinem ersten Marathon vor sechs Jahren
machte ich mir auf den flachen Kilometern hinter Steg Gedanken, ob ich wohl
tatsächlich das Ziel erreichen werde. Heute habe ich diese Überlegungen
nicht. Doch mir wird zunehmend kühler, vor allem die Hand, die beim Laufen
die Kamera umfasst, ist bereits eisig, schöne Bilder gelingen mir immer
weniger.
Virtuos spielt das Alphorn-Quartett
"Walserecho" um Elisabeth Beck auf.
Ich erkenne einige bekannte Melodien. Der Regen scheint den Musikern und
ihren Instrumenten nichts auszumachen.
Die nächsten Kilometer geht es mit
wenig Steigung dahin. Ca. 6 km weit machen wir nur wenige Höhenmeter. Für
mich Gelegenheit, noch einmal Boden gut zu machen. Ich fliege förmlich über
die Wiesen dahin.
In Windeseile geht es auf dem Trampelpfad
quer über die Wiesen.
Der nun folgende Fahrweg ist recht
gut zu laufen. Pfützen halten sich in Grenzen, der Schotter schluckt das
Wasser recht gut weg. Doch als wir wieder stärker an die Hänge heran laufen,
schießt das Wasser häufig in Bächen über die Straße. Ein Sprung misslingt
mir...
Km 28: Im linken Schuh steht
eisigkaltes Wasser
In trüben Bächen schießt das Wasser über die
Straße. Umwege oder weite Sprünge sind angesagt
Bei schönem Wetter lässt sich
gerade auf diesen Kilometern immer wieder der blick in die umliegenden Täler
und auf die schönen Berghänge genießen. Heute fällt der Blick schwer und
erfasst zudem nur "trübe Suppe".
Trübe Suppe statt Ausblick; so gilt die
Konzentration der Strecke.
Km 31 ist erreicht. Nach einer
Verpflegungsstelle geht es wieder in den Wald und wenige Meter später in den
nächsten steilen Anstieg. Konnte ich den ersten 1000er noch komplett im
Laufschritt absolvieren, nehme ich jetzt das Tempo zurück. Die Waden sind
kalt, ich bin hier nur zur Vorbereitung, weshalb sollte ich was riskieren.
Und viel Zeit würde ich im Laufschritt auch nicht gewinnen.
Km 31... ich bin zunehmend einsam unterwegs
Auf knapp 4 km sind noch mal 400
Höhenmeter zu bezwingen. Mittlerweile bin ich praktisch einsam unterwegs.
Mir gelingt es, einen vor mir Laufenden zu überholen, das ist alles. Erst
oben am Kamm bin ich plötzlich wieder von vielen Läufern umgeben.
Erst sanft, dann zunehmend steiler geht es
bergan!
Noch schnell einen Läufer überholt, dann bin ich mit der Natur alleine.
Zügig steige ich Schritt für
Schritt bergwärts. Die Kälte dringt immer stärker in mich. Vergeblich suche
ich eine trockene Stelle an mir. Selbst meine Regenkappe, die ich
wohlweislich dabei habe, ist durchweicht. Doch sie hält den Regen von der
Brille.
Alleine mit der Natur und meinen Gedanken
auf der Strecke.
Aus der Ferne wehen plötzlich
Musikfetzen zu mir herüber. Es sind die tiefen Töne des Alphorns. Je weiter
ich vorwärts dringe, desto klarer erklingt die Musik. So filigran wie heute
habe ich Alphörner noch nie gehört. Und trotz des Regens scheint das
Quartett mächtig Spaß bei der Sache zu empfinden. Das tut gut. Und doch bin
ich überrascht, dass die Feuchtigkeit den wertvollen Instrumenten
offensichtlich nichts ausmacht. Und das Beste ist, die Musik verkündet das
Ende des Anstiegs, das Sassförkle ist erreicht.
Die gut gelaunten Alphornbläser verkünden
das nahe Ende des Anstiegs
Der Bergpfad geht in einen Fahrweg über, Nach den Hörnern noch ein paar
Kehren und es ist geschafft.
Der Gipfelverpflegung spreche ich reichlich
zu: Cola, Brühe, Wasser und ein Gel
Oben an der Verpflegung angekommen
spreche ich dem Angebotenen reichlich zu. Ein freundlicher Helfer reicht mir
ein bereits offenes Gel. Ich selbst hätte den Beutel mit meinen nassen,
klammen Fingern wohl nicht aufbekommen. Klebrig quillt mir das Gel beim
quetschen über die Finger, igitt! Doch ein Guss Wasser aus der Kanne
beseitigt die Reste. Frisch gestärkt mache ich mich auf den Weg talwärts.
doch Übermut wäre gut 7 Kilometer vor dem Ziel unangebracht. Denn wie jeder
LGT-Kenner weiß, wartet im Talkessel von Malbun nicht der Mann, sondern der
Anstieg mit dem Hammer.
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