Rennsteig nonstop 2013
Einsteins Abenteuer beginnt
Einsteins Reise
zurück zum Start
Einsteins Reise
ins Ziel
Plänckners Aussicht
Es geht
los
10 - 9 - 8 - ... es wird bis zur "Null" heruntergezählt und wir setzen uns
in Bewegung. Sanft werde ich hin und hergewiegt, offensichtlich führt die
Strecke sofort bergauf. Jetzt nur nicht reiben, denke ich und suche mir eine
bequeme Nische. Sanft wiegt mich der Schritt von rechts nach links und
wieder zurück. Gemächlich, nicht hastig, wie ich mir ein Rennen immer
vorgestellt habe. Offensichtlich hat mein Freund Respekt vor dem, was vor
ihm liegt und geht sein Rennen bedächtig an.
Zunächst herrscht vielfaches Stimmengewirr. Man scheint sich kurz verlaufen
zu haben und mein Freund führt die Gruppe wieder auf den rechten Weg. Doch
die Stimmen werden schnell weniger. Als es draußen langsam zu dämmern
beginnt, sind nur noch drei oder vier verschiedene zu unterscheiden.
Auch den Asphalt, der anfangs die Strecke bestimmt, ist Fahrwegen und
schmalen Trails gewichen.
Ruhig pulsiert das
Blut meines Freundes. Gleichmäßig spüre ich seinen Atem, während seine Beine
im stetigen Rhythmus vorwärts traben. Ausdauernden Atem und einen Kraft
sparenden Lauf braucht er, will er sein Vorhaben, nach 20 Stunden im Ziel zu
sein, wahr machen.
Langsam kann ich die Stimmen um mich herum unterscheiden. Da ist Michael,
ein ruhiger Zeitgenosse. Er und mein Freund scheinen sich zu kennen und
sprechen von alten Zeiten. Daneben Thomas, ein lustiger Zeitgenosse, ständig
lachend und einen Scherz auf den Lippen. Dazu Michael und Peter, der eine
Berliner, der andere Thüringer. Vor diesen scheint mein Begleiter Respekt zu
haben. Sie sprechen von früheren Rennen und gemeinsamen Freunden und
Bekannten. Von Weltmeisterschaften und Siegen ist da die Rede. Ich genieße die Monotonie der Stimmen und der Bewegung in der aufkommenden
Dunkelheit.
Verhaltener Start und erst mal wieder Wegunsicherheiten!
Aber ob Umweg oder richtiger Weg... letztendlich macht es keinen
Unterschied. Aber für mich ist es eine gute Ermahnung zu erhöhter
Wachsamkeit.
Doch das weiße "R" zeigt jetzt den richtigen Weg.
Das Feld ist nach nicht mal 2 Kilometern schon weit gedehnt.
Die ersten Grüppchen bilden sich. Das Feld sortiert sich.
Robert macht schon von Beginn an mächtig Druck.
Noch führt uns der Rennsteig an der Straße entlang.
Blick zurück!
Hier beginnt der Rennsteig erst richtig.
Ich schließe zu michael und Thomas auf. Sie werden lange Zeit meine
Begleiter.
Aus versprengten Einzelläufern bildet sich langsam eine kleine Gruppe.
Michael, eher introvertiert, kenne ich vom
Allgäu-Panorma-Trail und vom
Rennsteig.
Mit Thomas habe ich mächtig Spaß. Er ist immer zu einem Scherz aufgelegt.
Schade, dass er hinter dem Masserberg aufgeben muss.
Die Sonne neigt sich hinter den Horizont.
Photographen erwarten uns.
Für mich wird es langsam schon zu dunkel zum Bilder machen.
Und wenn ich zum knipsen stehen bleibe, reißt sofort eine kleine Lücke.
Noch ist Sören mit dabei, ein starker Läufer. Probleme lassen ihn dann noch
weit zurückfallen.
Abendlicht!
"Grenzübertritt" Diese Wege sind mir vom
Borderland-Ultra noch in guter Erinnerung.
Erwischt!
Erster VP Brennersgrün nach rund 20 kilometern.
Es gilt ordentlich zu essen und zu trinken. Auf der Strecke von 168 km gibt
es nur 8 VPs.
Sturz
Da! Ein Schrei, ein Sturz! Heftig schlägt die Hüfte, wo auch ich mich
befinde, auf dem Boden auf. Mein Freund ist gestürzt. Fluchend erhebt er
sich, doch seine Lauffreunde fragen besorgt. "Nichts passiert!"
antwortet er.
"If you don`bleed,
its not a trail!"
meint er und setzt
sich wieder in Bewegung. Doch vorsichtig ist er nun geworden, ich spüre
seine Angespanntheit, sein Tritt ist unrund und vorsichtig und es wird lange dauern, bis er wieder zum normalen
Rhythmus und zum mittlerweile vertrauten Schritt zurückfindet.
If you don`t bleed...
Ich bin nicht der Einzige, der Hörschel blutend erreicht. Es ist
eher die Ausnahme, dass jemand sturzfrei das Ziel erricht. Die
Wurzelwege, die unebenen Fahrwege, all das in der Dunkelheit mit
entsprechendem Tempo zu laufen, ist nicht ungefährlich und
erfordert höchste Konzentration, bei vielen Startern leider auch Tribut. |
Wobei von vertrautem
Schritt ist nur noch selten etwas zu spüren. Heftig gerüttelt und
geschüttelt werde ich. Auf und ab geht es, hin und her, immer wieder,
gelegentlich wird es ruhiger, aber dann auch nur für kurze Zeit. Doch der
Sturz scheint die Aufmerksamkeit meines Freundes geschärft zu haben. Sicher
spurt er über die Hindernisse, sein Tempo bleibt hoch und konstant, sein
Schritt ökonomisch..
Allerdings werden die
Stimmen um ihn herum weniger, irgendwann ist nur noch der ruhigere aus der
Gruppe zu hören, Michael. Und die Beiden scheinen gut zu harmonieren,
auch wenn Michael langsamer zu werden beginnt. Er ist wohl ebenfalls
gestolpert, konnte den Sturz zwar vermeiden, hat sich dabei aber die
Wirbelsäule verdreht. Sein Rücken schmerzt, sagt er. Ich kann ihn verstehen, werde
ich doch immer noch heftig durchgeschüttelt. Wie soll das jemand, der nicht
wie ich aus Stein ist, auf Dauer diese Stauchungen aushalten?
Dann ist die lustige Stimme von vorher wieder da, doch nicht mehr lustig.
Sanft ist sie geworden, fast demütig und Thomas berichtet, er sei jetzt
wohl mehrere Minuten lang im Wald gelegen, sein Kreislauf habe gestreikt...
und er würde das Rennen beenden. Nach einigem Zögern kehrt auch Michael mit
Thomas um nach Masserberg, mein Freund und ich... wir sind nun alleine und
auf uns gestellt.
"Wir schaffen das schon!" spricht er zu mir, doch ich habe den Eindruck, die
Ansprache gilt mehr ihm selbst als mir! Offenbar ist er sich nicht mehr so
sicher, dass er mich tatsächlich bis nach Hörschel zu bringen vermag.
Stille! Jetzt sind nur noch die einsamen Tritte meines Freundes zu hören.
Gleichmäßig und wieder etwas schneller ist jetzt sein Rhythmus. Ab und an
nähern wir uns anderen Läufern, doch Gespräche finden nicht mehr statt.
Einen größeren Ort durchqueren wir, Neustadt am Rennsteig wohl, doch danach
verschwinden wir wieder im Wald. Nur ab und an knackt ein Ast oder knirscht
ein Stein. Gelegentlich, wenn wir eine Straße queren, verändert sich für
kurze Zeit der Klang der Schritte.
"Bergfest!"
Die Worte meines
Freundes wecken mich aus meinem Dämmerzustand. Bergfest? Dabei ging es die
letzte Zeit doch nur wenig bergauf!
Licht, Stimmen: "Komm
rein, hier ist die Hälfte der Strecke geschafft!" werden wir begrüßt. Lange
verharren wir am Großen Dreiherrenstein, der offenbar die Hälfte unserer
Reise markiert. 10 Stunden haben wir bis hierher benötigt. Kühl ist es
geworden und wir freuen uns über die Wärme im Zelt, den Tee, das Essen, die
herzlichen Worte. Zwei weitere Läufer sind auch noch hier, doch sie
verlassen ohne Abschied das Zelt, machen sich stumm und schweigsam auf den
Weg.
Wenig später folgen wir, mittlerweile kenne ich den Rhythmus schon. Erst
gehen wir ein Stück, danach werden die Schritte schneller und wir fallen in
einen steten und ausdauernden Laufschritt. Bergan geht es im strammen
Schritt nach oben, sobald wir die Ebene erreichen, wird wieder gelaufen.
Morgendämmerung auf Plänkners Aussicht. Unter uns die Lichter einer
Ortschaft, vermutlich Heidersbach. "Wow, sieh dir das an, murmelt mein
Freund und verharrt!" Ein würdiges Bergfest!" - "Schon wieder? War doch eben
erst!". doch wir sind jetzt auf dem höchsten Punkt der Strecke angelangt.
Am 2. VP in Tettau ist es bereits dunkel; die Marathondistanz liegt fast
schon hinter uns.
Dreiherrenstein; nicht nur VP 4, sondern auch Halbdistanz!
4 Uhr morgens... ich bin jetzt seit 10 Stunden unterwegs.
Das weiße "R", Fluch und Segen in dieser Nacht
Jetzt "befliegt" der Ultra-Habicht das Waldgebiet!
Plänckners Aussicht am Großen Beerberg.
Die nächste halbe
Stunde verläuft dramatisch: Mit dem Morgengrauen streikt zunächst der Akku
meines Läufers, das war ja noch eingeplant; doch dann tut es ihm der Magen
gleich... nichts geht mehr. Mein Freund spuckt die Schokolade wieder aus,
die er gerade schlucken wollte. Doch ich spüre in ihm das Grummeln seines
Magens, der sich weigert, für die nächste Stunde irgendetwas aufzunehmen.
Stichwort Ernährung:
Zuhause bekomme ich von meiner Ernährungsexpertin kein Mitgefühl
für dieses Missgeschick, sondern einen ordentlichen Anpfiff.
"Was hast Du gegessen?" fragt sie mich und schlägt nach meiner
Antwort die Hände über dem Kopf zusammen. Kein Wunder, dass es
mir schlecht erging. Bei meiner "Querbeeternährung" habe ich
ganz wohl tüchtig in "die Grube" gegriffen. Z.B. Gurke und
Tomate... Gift, auch wenns lecker schmeckt. Da steckt Potential
für die Zukunft. zum glück hab ich Vertrauen in die Fähigkeiten
meiner Ernährungsexpertin. |
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